Ultracap-Wissen
Rückblick: Die Entwicklung der Supercap-Technologie
Ultracap-Wissen | Rainer Hake | Lesedauer: 10 Minuten
Die Supercap-Technologie, auch als Electric Double Layer Capacitors (EDLC) bekannt, hat in den letzten Jahren bemerkenswerte Fortschritte gemacht. Supercaps werden unter anderem auch als EDLC, ULTRACAPs, Superkondensatoren, Doppelschichtkondensatoren (DSK) oder eben kurz als "Supercap" bezeichnet. Es handelt sich um Kondensatoren mit einem Elektrolyten und Kohlenstoff Elektroden als elektisch leitende Schicht. Im Vergleich zu herkömmlichen Kondensatoren weisen sie eine deutlich größere Oberfläche auf, was zu einer höheren Kapazität führt. Die technologischen und physikalischen Prinzipien sind heute sehr gut in der Literatur beschrieben (siehe u.a. Wikipedia). Die Begriffsvielfalt für diesen Kondensatortyp wird noch von Hersteller eigenen Begriffen erweitert:
- Goldcap™ [Panasonic]
- Boostcap™ [Maxwell]
- Greencap™ [Samwha]
- PURIXEL™ [Pureechem] für Supercap-Zellen
- PURETRON™ [Pureechem] für Supercap-Module
In Deutschland begann alles mit NESSCAP
Für CAPCOMP begann die Geschichte in Deutschland im Jahre 2005 als wir einen Vertrag mit der Süd-Koreanischen Firma NESSCAP schlossen, die aus der DAEWOO Gruppe hervorging. Man hatte zu diesem Zeitpunkt noch die Vorstellung die EDLCs als primären Energiespeicher in Automobilen einzusetzen. Es bestand die Hoffnung, dass die Entwicklung der Technologie ähnlich voranschreiten würde, wie es die Halbleitertechnologie seit Jahrzehnten vormachte. Leider blieb dies ein Traum.
Die Elektrochemie und die verbundenen physikalischen Prinzipien zeigten schnell Grenzen auf. Anfang der 2000er Jahre gab es in den USA diverse Prototyp-Entwicklungen im Einsatz bei elektrisch betriebenen Fahrzeugen. An der Universität von Vermont wurden Tests durchgeführt, die zeigten, dass Batterie betriebene Fahrzeuge, die von ULTRACAPs unterstützt wurden, eine circa 35% - 40% höhere Reichweite erzielten, je nach Fahrzyklus.
Nicht minder interessant waren die Ergebnisse, die eine Steigerung der Batterie-Lebensdauer bestätigten, bei denen Leistungsspitzen durch Ultrakondensatoren abgefangen wurden.
Neben hohen Erwartungen seitens der Automobilindustrie, gab es aber auch Skepsis, da die AECQ200 Testergebnisse noch zu wenig Daten lieferten, aus denen verbindliche technische Spezifikationen abgeleitet werden konnten. Als Distributoren der ersten Stunde blieb uns und unseren Wettbewerbern nichts anderes übrig, Kriterien in Anlehnung an die der Elektrolytkondensatoren zu definieren und nach diesen auch zu testen.
Zeiten aufwändiger Tests unter Extrembedingungen
Es wurden dutzende Testreihen für die unterschiedlichsten Anwendungsfälle angesetzt. Sogar das Verhalten der Ultracaps im luftleeren Raum und extremen Minus-Temperaturen wurde untersucht. Die Zellen wurden bis -60°C eingefroren, aufgetaut, getestet - und haben bestanden! Keine negativen Veränderung der technischen Eigenschaften. Genauso wie bei Praxistest in Fahrzeugen, die auf 3500 m Seehöhe bei -25° getestet wurden, wie der Einsatz in einem Auto, nachdem es 5 Tage am Flughafen in der Sonne in Dschidda, Saudi-Arabien, stand. Darüber hinaus lieferten Beschleunigungstests, Vibrationstests, Brandlast- und Emissionstests, sowie Tests der Lebensdauer unter verschiedensten Bedingungen wertvolle Erkenntnisse. Ein-Zyklen-Tests für die Beurteilung der Zellen unter einem bestimmten Lastverhalten dauerten beispielsweise ein halbes Jahr, bis erste Ergebnisse vorlagen. Diese Tests wurden dann noch weitere 6 Monate fortgesetzt, um eine belastbare Datenbasis zu erhalten.
MAXWELL, NESSCAP und PANASONIC haben den Anfang gemacht
Es waren die Firmen MAXWELL, NESSCAP und PANASONIC, die als Hauptakteure bei der Ultracap-Entwicklung die Akzeptanz dieser neuen Technologie maßgeblich vorangetrieben haben. Andere Hersteller folgten und bauten auf diesen Erfahrungen auf. Die Anforderungen des Marktes haben sich seit der ersten Stunde im Prinzip nicht verändert.
Von der prismatischen Zelle bis zum Hochvolt-Ultracap-Modul
Man setzte zu Beginn (Vermont-Tests) noch die prismatischen Zellen mit bis zu 5000F und 2,7 Volt ein. Diese Technik galt in der Frühphase als aussichtsreiche Lösung, zeigte dann aber schnell physikalische Schwächen, insbesondere bei der Wärmeverteilung. In der Fertigungstechnik stellte sich bei Großserien heraus, dass die Produktion zu aufwändig und kostspielig ist.
Große Fortschritte in der Modul-Entwicklung
Mit der Entwicklung der 60mm zylindrischen, axialen 3000F/2,7V Zelle ergab sich erst die Möglichkeit Hochvolt-Zellen und Hochenergie-Module zu entwickeln. Diese Zellen konnten große Leistungen schnell speichern und wieder zurückspeisen, mit hoher Zuverlässigkeit und Zyklenfestigkeit von über einer Million Zyklen. Die horizontale Wärmeverteilung und der sehr viel bessere thermische Widerstand als bei den bisherigen Modellen, erlaubte ein effizienteres Wärmemanagement. Es entstanden verschiedene Modelle von Modulen für die unterschiedlichsten Anwendungen.
Rekuperations-Lösung für LKWs
Das 125V/62F Modul wurde nach einiger Zeit in mehreren Varianten zu einem Industriestandard in Bussen und Bahnen. Für die Rekuperation, also die Energierückgewinnung aus Bremsenergie, zeigten sich die Module als ideale Lösung; noch besser als beim PKW. Nicht nur wegen der entspannteren Situation was den Bauraum betrifft, sondern vor allem wegen der des besseren Kosten/Nutzen Verhältnis.
Kürzere Amortisationszeiten der Rekuperationstechnik in LKWs
Nutzfahrzeuge werden in der Regel sehr viel intensiver betrieben als PKWs. Die Investition in ein ULTRACAP-Rekuperations-System konnte sich damit sehr viel schneller amortisieren. In Stadtbussen und Straßenbahnen wurden die Module schon vor ca. 15 Jahren häufig eingesetzt und kommen erst heute an ihre Lebensdauergrenze. Es wurden mehrere 125V/62F Module in Serie/parallel geschaltet. Die Montage erfogte meistens auf dem Dach oder im Unterboden des Fahrzeuges. Das Balancing der Module in sich und untereinander erfolge über „Smart Balancing“. Daten wurde über CAN-BUS Schnittstellen an zentrale ECUs zur weiteren Auswertung und Kontrolle gesendet. Die kleineren 48V/165F Module, die ebenfalls auf den 3000F/2,7 Volt Zellen basieren, sind noch heute ein Industriestandard.
48V/165F Ultracap-Module in Fahrerlosen Transportsystemen
Sie werden sehr viel in den „Fahrerlosen Transportsystemen“ (FTS) (Engl. AGV für Automated Guided Vehicle) eingesetzt, eignen sich aber für alle universellen Energie-Speichersysteme. Sie lassen sich leicht in Serien-Parallelschaltungen zu konfigurieren und aufgrund des relativ geringen Gewichts von ca. 15kg auch gut in der Handhabung. Darüberhinaus gibt es inzwischen eine Vielzahl von Varianten in den unterschiedlichsten Spannungslagen und Kapazitäten, die Anwendungsabhängig eingesetzt werden.
Der nächste Entwicklungsschritt: 3 Volt Zellen
Inzwischen setzen sich zunehmend auch die 3V Zellen im identischen Formfaktor wie die Zellen der 2,7V Technologie durch. Diese sind zwar noch etwas teurer als die älteren Typen, aber es ist eine Frage der Zeit, bis nur noch die 3-Volt Technologie dominiert. Heute, fast 20 Jahre nach den frühen Gehversuchen mit elektrisch unterstützten Antriebssystemen auf Ultracap-Basis gehen wir in eine neue Phase. Vollelektrische Fahrzeuge mit Lithium-Ionen-Batterien sind bereits seit einigen Jahren der neue Standard bei PKWs.
Brennstoffzelle & Ultracap: Traumkombination von morgen?
Bei Nutzfahrzeugen gibt es bereits die ersten Fahrzeuge mit dieser Kombination. Aber auch hier ist die Diskussion darüber, ob die Wasserstofftechnik in Verbindung mit Brennstoffzellen und ULTRACAPs als schneller Hochleistungs-Energiespeicher in großem Umfang zum Einsatz kommen werden, nicht ausgestanden. Erste Nutzfahrzeuge werden bereits erprobt. Es gibt inzwischen neue Hybrid-Technologien, die Kapazitäten bis zu 100.000 Farad ermöglichen. Es bleibt spannend!
Die wichtigsten technischen Entwicklungsschritte von Ultracaps
- Elektrodenmaterial : Anstelle von Aktivkohle werden heute Matierialen wie Kohlenstoffnanoröhren und Graphen eingesetzt. Diese Materialien bieten eine größere Oberfläche und ermöglichen eine effizientere Ladungs- und Entladungsrate.
- Elektrolyten mit höherer Leitfähigkeit und größerer Spannungsfestigkeit : Neue Materialien wie ionische Flüssigkeiten und leitfähige Polymere haben die Leistungsfähigkeit der Supercaps deutlich verbessert. Dies führte zu einer erhöhten Energiedichte und ermöglichte den Einsatz in anspruchsvolleren Anwendungen.
- Miniaturisierung der Supercaps : Ein wichtiger Schritt in Richtung wirtschaftlicher Bedeutung. Durch Fortschritte in der Herstellungstechnologie konnten kleinere und kompaktere Supercaps hergestellt werden, die in elektronischen Geräten wie Mobiltelefonen, Laptops und Kameras eingesetzt werden können. Diese Entwicklung hat zu einer steigenden Nachfrage geführt und die Marktdurchdringung der Technologie erhöht.
- Verbesserung der Lebensdauer von Supercaps : Durch die Optimierung der Zyklenfestigkeit und die Reduzierung des Kapazitätsverlustes stiegen Zuverlässigkeit und Lebenszeit. Dies machte sie attraktiver für Anwendungen wie Energiespeicherung in erneuerbaren Energiesystemen und elektrischen Fahrzeugen.
- Skaleneffekte und eine verbesserte Produktionseffizienz : Die Reduzierung der Herstellungskosten hatte einen großen Einfluß auf die weltweite Verbreitung von Supercaps. Steigende Produktionsmengen und die verstärkte Nutzung von Supercaps in verschiedenen Branchen haben zu einem wettbewerbsfähigen Markt und einer verbesserten Verfügbarkeit geführt.